#12 Die ADHS der Sonderpädagogik
Dr. Benjamin Haas im Gespräch mit Büşra Kocabıyık
Benjamin Haas beschäftigt sich in seiner Studie mit der machtvollen Konstruktion des Nicht:Normalen. Dazu hat er untersucht, wie das Phänomen ADHS auf der Ebene sonderpädagogischer Wissensbestände als eine Kategorie ‚nicht_normalen’ Verhaltens konstruiert wird. Gefolgt ist der Autor einem kulturwissenschaftlich inspirierten Verständnis von Behinderung, das auf Wissensformierungen des sonderpädagogischen Feldes übertragen wird. Die Arbeit ist deshalb auf dem Gebiet der Disability Studies in Education verortet und es wurden ausgehend von einer normalismus- und machtkritischen Orientierung sonderpädagogische Fachartikel zum Thema ADHS aus den Jahren 2000-2015 mit einem diskurstheoretischen Zugang analysiert. Durch die Befunde lässt sich nicht nur zeigen, auf welche Weise die Konstruktion des Gegenstands ADHS in der diskursiven Praxis erfolgt. Vielmehr noch wird nachgezeichnet, wie die Grenze zwischen ‚normalen’ und ‚nicht_normalen’ Verhaltensweisen gezogen wird, welche Angebote die als ‚nicht_normal’ markierten Schüler_innen zur Re-Integration in die Normalzone erhalten und mit welchen Adressierungen diese Beschäftigung einhergeht. Dieser Beitrag zu einer differenztheoretisch fundierten empirischen Inklusionsforschung verweist auf ein institutionalisiertes making of impairment der Sonderpädagogik und zwar zum Schutz der bestehenden schulischen Ordnung. Benjamin Haas ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an Goethe-Universität Frankfurt. (EVT: 06.09.2023)